Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 9, 04/2009

Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 9, 04/2009

1. Gesundheitsberufsrecht: Heilmasseur
2. Deutschland: Verbot für Schönheitsoperationen an Minderjährigen?
3. Hotel oder Krankenanstalt: Neue VwGH-Entscheidung


GESUNDHEITSBERUFSRECHT: HEILMASSEUR

In der VwGH-Entscheidung 2007/04/0015 vom 29. Oktober 2008 ging es um die Frage, ob freiberufliche Heilmasseure Mitglied der Wirtschaftskammer sind.
Die Wirtschaftskammer Österreich schrieb einem freiberuflichen Heilmasseur Grundumlage vor, weil gemäß § 2 Wirtschaftskammergesetz alle physischen und juristischen Personen sowie sonstigen Rechtsträger, die (u.a.) Unternehmungen des Gewerbes sowie sonstige Dienstleistungen rechtmäßig und selbstständig betreiben oder zu betreiben berechtigt sind, Mitglieder der Wirtschaftskammer sind. Der zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof sprach aus (Erkenntnis vom 12. Dezember 2006, B 855/06), dass er gegen die die Vorschreibung tragenden Rechtsvorschriften keine Bedenken hege.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof führte der Heilmasseur folgende Argumente gegen die Kammermitgliedschaft ins Treffen: Heilmasseure sind im Wirtschaftskammergesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Seit mehr als hundert Jahren unterliegen Heilmasseure als "sonstige Sanitäts- und Veterinärpersonen" der Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend; ihre Tätigkeit war als "Ausübung der Heilkunde" schon von der Gewerbeordnung 1859 ausgenommen. Die Tätigkeit des Heilmasseurs ist eine freiberufliche Tätigkeit; freiberuflich tätige Personen sind nicht Mitglied der Wirtschaftskammer. Diese Argumente überzeugten den Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht. Das Wirtschaftskammergesetz zählt nicht erschöpfend Unternehmungen auf, die Mitglieder der Wirtschaftskammer sind, aber nicht der Gewerbeordnung unterliegen (u.a. Heil- und Kuranstalten und Privat-, Kranken-, Heil- und Pflegeanstalten sowie Sanatorien). Aus dieser Aufzählung einiger Berufe mit Nahebeziehung zum Gesundheitswesen ergibt sich, dass der Gesetzgeber auch andere Berufe mit Nahebeziehung zum Gesundheitswesen, wie jenen des Heilmasseurs, in die Kammermitgliedschaft einbeziehen wollte. Die nach dem Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz MMHmG gegebene Durchlässigkeit zwischen den Berufen des gewerblichen Masseurs und des Heilmasseurs legt es nahe, dass der Wechsel von einem Beruf, der unstrittig zur Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer führt (gewerblicher Masseur) zu einem verwandten Beruf (Heilmasseur) nicht zum Verlust der Kammermitgliedschaft führt. Nach der mit Beschluss des Wirtschaftsparlaments der Bundeskammer erlassenen Fachorganisationsordnung gehören Heilmasseure dem Fachverband der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure an; es können aber nur Mitglieder der Wirtschaftskammer auch Mitglieder in den Fachorganisationen sein. Dass Heilmasseure nach dem Bundesministeriengesetz als "sonstige Sanitäts- und Veterinärpersonen" der Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend unterliegen, kann nicht dazu führen, diese Berufsgruppe von der Zugehörigkeit zur Wirtschaftskammer auszuschließen, sind doch in der Anlage 1 zum Wirtschaftskammergesetz auch andere Unternehmungen, wie etwa die Heil- und Pflegeanstalten, ausdrücklich als Mitglieder der Wirtschaftskammer genannt. Schließlich spricht auch der Umstand, dass Heilmasseure neben den Möglichkeiten einer Berufsausübung im Rahmen eines Dienstverhältnisses auch freiberuflich tätig werden können, nicht gegen die Zuordnung zur Wirtschaftskammer. Da somit der Verwaltungsgerichtshof die (dadurch umlagepflichtige) Mitgliedschaft des Heilmasseurs bejahte, blieb die Beschwerde erfolglos.
Näheres: http://www.vwgh.gv.at/Content.Node/de/aktuelles/pressemitt/2008/2007_04_0015.pdf


DEUTSCHLAND: VERBOT FÜR SCHÖNHEITSOPERATIONEN AN MINDERJÄHRIGEN?

Der deutsche Bundestag hat für heute Nachmittag eine Anhörung zu einer Gesetzesinitiative angesetzt, die Missbräuche bei Schönheitsoperationen verhindern soll. Mehrere Politiker von Union und SPD haben ein Verbot solcher Eingriffe bei Minderjährigen gefordert. Die Bundesärztekammer stellte sich hinter die Forderung von Abgeordneten, dass nur ausreichend qualifizierte Ärzte plastisch-chirurgische Eingriffe vornehmen dürfen. Entsprechende Vorschriften für die Qualifikation von Spezialisten hätten die Ärzte bereits 2005 beschlossen. Patienten müssten qualifizierte Fachärzte von selbst ernannten Schönheitschirurgen unterscheiden können. Ähnlich äußerte sich auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), Günter Germann. Der Markt selbst ernannter Schönheitschirurgen und dubioser Fernsehärzte sei kaum zu durchschauen. Er stellte klar, dass sich die Fachärzte nicht gegen ein Verbot von Schönheitsoperationen bei Minderjährigen sperren würden. Doch wies er darauf hin, dass es durchaus medizinisch indizierte Eingriffe gebe, die von rein ästhetischen kaum zu unterscheiden seien.


HOTEL ODER KRANKENANSTALT: NEUE VWGH-ENTSCHEIDUNG

Ein steiermärkischer Hotelier wurde bestraft, weil er das Hotel als Krankenanstalt betrieben hätte, obwohl keine Betriebsbewilligung nach dem Steiermärkischen Krankenanstaltengesetz vorlag. Dies wurde damit begründet, dass der Hotelier u.a. auch ärztliche Leistungen, insbesondere die Dr. Franz Xaver Mayr - Kur, unter Anordnung und Aufsicht eines selbständigen und dafür ausgebildeten Arztes anbietet. Die Gäste/Patienten des Hotels werden im Hotel ärztlich behandelt und betreut. Die Behörde qualifiziert den Betrieb als (bewilligungspflichtiges) "Sanatorium", weil die gesamte Organisation (wie z.B. die Vereinbarung der Termine, die Erstellung der Rechnungen ...) vom "Hotel" durchgeführt wird. Der vom Hotelier angerufene Verwaltungsgerichtshof hielt zunächst fest, dass nicht jede Behandlung zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten für die Qualifikation als Krankenanstalt genügt. Eine in diesem Hotel vorhandene besondere krankenanstaltenmäßige Ausstattung, wie sie für eine solche Einrichtung charakteristisch wäre, liegt hier nicht vor. Der Hotelier stellt nämlich lediglich Räumlichkeiten gegen Entgelt an die Ärztin zur Verfügung, wo diese ihre Tätigkeit selbständig ausübt. Das von der Behörde festgestellte Maß an "Organisation", auch wenn offensichtlich die Behandlungsräumlichkeiten von Hotelbediensteten gereinigt werden, erreicht noch nicht den Organisationsgrad einer Krankenanstalt. Aus der Art der Terminkoordination (Terminvergabe an der Rezeption des Hotels und Telefondienst) und der in einer Rechnung gegenüber dem Hotelgast erfolgenden Verrechnung kann die Beurteilung als Krankenanstalt nicht abgeleitet werden, ist doch daraus kein Hinweis erkennbar, es werde mit dem Hotelier ein Vertrag über die Heilbehandlung abgeschlossen. Der gegenüber dem Hotelier erhobene Vorwurf, er betreibe entgegen § 5 Abs. 1 Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz eine Krankenanstalt ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Bewilligung zu sein, ist nicht haltbar. Der bekämpfte Bescheid wurde daher vom Verwaltungsgerichtshof am 16. 12. 2008 (2006/11/0093) aufgehoben.
Näheres: http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vwgh&Dokumentnummer=JWT_2006110093_20081216X00

Dieser Newsletter ergeht an Kunden und Freunde von Wolfgang Stock, Büro für Freizeitrecht. Sollten Sie den Gesundheitsrecht-Newsletter in Zukunft nicht mehr erhalten wollen, bitte an wolfgang.stock@gmx.at zu mailen.

Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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