Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 21, 08/2013

Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 21, 08/2013
 
1.     VwGH zum Nichtraucherschutz in Gaststätten
2.     Deutschland: Neues Patientenrechtegesetz
3.     Österreich: Gesundheitsreformgesetz 2013
4.     Ausnahmen von Halte- und Parkverboten für Gesundheitsberufe
5.     Projekt „Rechtsfragen von Patientenhotels“: Partner gesucht
6.     Tagungen und Veranstaltungen
 
 
VwGH zum Nichtraucherschutz in Gaststätten
 
Das bereits in den Medien verbreitete VwGH-Erkenntnis vom 17.06.2013 (2012/11/0235) geht davon aus, dass nach dem Tabakgesetz das Rauchverbot die Regel, die Ermöglichung der Errichtung eines Raucherraums, in dem das Rauchen gestattet ist, die Ausnahme ist. Wenn der Gesetzgeber explizit von "Raucherzimmern" spricht, die in den einem grundsätzlichen Rauchverbot unterliegenden allgemein zugänglichen Räumen bestimmter Einrichtungen errichtet werden können, stand ihm offenbar vor Auge, dass es dem Inhaber der Einrichtung erlaubt ist, einen vom Nichtraucherbereich wegführenden Raucherraum festzulegen. Nichts aber deutet darauf hin, dass dieses "Raucherzimmer" etwa derart festgelegt werden dürfte, dass die Einrichtung nur über das Raucherzimmer betreten werden kann. Daher ist die Festlegung eines Raumes als Raucherzimmer, der betreten werden muss, um in das Nichtraucherzimmer zu gelangen, unzulässig.
 
Hier die Entscheidung im Volltext:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Vwgh/JWT_2012110235_20130617X00/JWT_2012110235_20130617X00.html
 
Das Erkenntnis lässt Hochachtung vor der österreichischen Gerichtsbarkeit aufkommen, die sich einer Gesetzgebung „mit Augenzwinkern“ konsequent entgegenstellt. Dazu ein Wirt: „Ein Rauchergesetz wie bei uns, das nichts Halbes und nichts Ganzes ist, kann auch nie ganz eingehalten werden – selbst wenn die Wirte das wollen. Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte es ein generelles Rauchverbot geben. In anderen Ländern funktioniert das ja auch.“
 
Also, lieber Gesetzgeber, worauf noch warten? Ich habe für mein Buch „Rechte und Pflichten in der Gastronomie“ (Verlag Österreich, Wien 2012) für einen entsprechenden Gesetzesvorschlag enorme Bemühungen getätigt und all mein legistisches Wissen und Können eingesetzt.
Hier das Ergebnis: „In Gaststätten gilt Rauchverbot.“ 
 
 
Deutschland: Neues Patientenrechtegesetz
 
In Deutschland war die Situation rund um die Patientenrechte bisher ähnlich der in Österreich: Einzelne Rechte in verschiedenen Gesetzen verstreut und sehr unübersichtlich dargestellt, durch die Gerichte interpretiert und näher konkretisiert. Vor allem die Regeln in der Arzthaftung sind von den (höchsten) Gerichten entwickelt worden.
 
Auch in Deutschland war es deshalb sehr schwierig, sich einen Überblick über die Rechte und Ansprüche der Patienten zu verschaffen. Am 26. Februar 2013 ist das Patientenrechtegesetz (PRG) in Kraft getreten, das insbesondere das BGB und das Sozialgesetzbuch (SGB) V modifiziert. Durch das Patientenrechtegesetz 2013 sind die verstreuten Patientenrechte gebündelt worden. Zudem ist die Stellung des Patienten im Gesundheitssystem gestärkt worden. Das Bundesministerium für Gesundheit hatte zusammen mit dem Bundesministerium der Justiz und dem Patientenbeauftragten einen Entwurf für ein Patientenrechtegesetz vorbereitet. Ärztevertreter, Krankenkassen und Verbraucherschützer hatten hierzu Stellung genommen.
 
Einen Überblick über die Neuerungen in Deutschland finden Sie hier: http://www.patienten-rechte-gesetz.de
 
 
Österreich: Gesundheitsreformgesetz 2013
 
In Österreich betreibt man in Sachen Patientenrechte weiter Stückwerk. Es verbleibt auch die Problematik, dass sich die einzelnen „Patientenrechte“ in ihrer rechtlichen Qualität stark unterscheiden. Von echten Rechtsansprüchen (subjektive Rechte) bis zu Rechtsvorschriften mit bloßen Reflexwirkungen zugunsten der Patienten. So wurde z.B. mit dem Gesundheitsreformgesetz 2013, BGBl I 2013/81, der Patientenrechtekatalog des § 5a KAKuG um einen Punkt erweitert: sich aktiv an den Entscheidungsprozessen den Gesundheitszustand betreffend beteiligen zu können.
 
Die weiteren Themen: Health in all Policies, Zielsteuerung, Gesundheitskompetenz der Bevölkerung, Qualitätssicherung und Versorgungsstrukturen.
 
Hier das am 23. Mai 2013 ausgegebene Bundesgesetzblatt mit dem Gesundheitsreformgesetz:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2013_I_81/BGBLA_2013_I_81.html
 
 
Ausnahmen von Halte- und Parkverboten für Gesundheitsberufe
 
Anlässlich der für Hebammen seit der 25. StVO-Novelle, BGBl I 2013/39 (in Kraft seit 31. März 2013) neuen Regelung soll hier eine Übersicht über die gemäß § 24 Abs 5 bis 5c StVO geltenden Ausnahmen von Halte- und Parkverboten für Gesundheitsberufe gegeben werden:
 
Allgemeine Voraussetzungen:
-         Das Fahrzeug muss selbst gelenkt werden.
-         In der unmittelbaren Nähe des Aufenthaltes des Kranken oder Verletzten ist kein Platz frei ist, auf dem gehalten oder geparkt werden darf,
-         Durch das Aufstellen des Fahrzeuges wird die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigt.
 
Berufsgruppenspezifische Voraussetzungen:
 
Ärzte:
-         Berechtigung zur selbständigen Berufsausübung,
-         Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe,
-         nur für die Dauer der Hilfeleistung,
-         Kennzeichnung mit einer Tafel, welche die Aufschrift “Arzt im Dienst” und das Amtssiegel der Ärztekammer, welcher der Arzt angehört.
 
Diplomiertes Pflegepersonal:
-         Einsatz im ambulanten Pflegedienst zur Hauskrankenpflege,
-         Fahrt zur Durchführung der Hauskrankenpflege,
-         nur für die Dauer der Pflegeleistung,
-         auch die Flüssigkeit des Verkehrs darf nicht beeinträchtigt werden,
-         Kennzeichnung mit einer Tafel, welche die Aufschrift „Mobile Hauskrankenpflege im Dienst” und das Amtssiegel der Behörde, die diese Tätigkeit genehmigt hat, oder in deren Auftrag diese Tätigkeit durchgeführt wird.
 
Hebammen:
-         Berechtigung zur selbstständigen Ausübung des Hebammenberufs,
-         Fahrt zur Leistung von Geburtshilfe,
-         nur für die Dauer der Hilfeleistung,
-         Kennzeichnung mit einer Tafel, welche die Aufschrift „Hebamme im Dienst” und das Amtssiegel des Österreichischen Hebammengremiums tragen muss.
 
 
Projekt „Rechtsfragen von Patientenhotels“: Partner gesucht
 
Schon mehrmals hat sich der Gesundheitsrecht-Newsletter mit Patientenhotels beschäftigt. Zur Erinnerung: Dort werden Spitalspatienten untergebracht, die keine spezialmedizinische Betreuung mehr benötigen, aber noch nicht nach Hause entlassen werden („Low-care“ Patienten). In Österreich gibt es so etwas noch nicht, in Skandinavien dagegen hat fast jedes Spital ein Patientenhotel auf seinem Gelände oder in einem Gebäudetrakt. Die rechtliche Problematik liegt neben der sozialversicherungsrechtlichen Dimension in Österreich vor allem beim Organisationsrecht: Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 GewO ist der Betrieb von Kranken- und Kuranstalten von der Gewerbeordnung ausgenommen. Für diese gilt das Krankenanstaltenrecht; hingegen unterliegen Hotels der Gewerbeordnung. Wenn man Patientenhotels nicht nur für Angehörige, sondern wirklich für teils (noch) betreuungsbedürftige Patienten schaffen möchte, müsste die Rechtsordnung eine solche „Zwitter-Einrichtung“ erst ermöglichen.
 
Das Projekt „Rechtsfragen von Patientenhotels“ möchte sich dieser Herausforderung stellen: Es soll ein Vergleich der krankenanstaltenrechtlichen Vorschriften mit dem Hotelbeherbergungsrecht erstellt werden. Dazu nur ein kleines Beispiel: In Krankenanstalten werden Leistungen nach Bedarf – nämlich abhängig vom Gesundheitszustand des Patienten – erbracht. Hotelvertragsleistungen hingegen müssen vertragskonform erbracht werden, was auch einen ausreichend konkretisierten Beherbergungsvertrag voraussetzt.
 
Für dieses Projekt suche ich noch folgende Projektpartner:
-         Eine/n Co-Autor/in für den Bereich Krankenanstaltenrecht
-         Sponsoren
-         Einen Verlagspartner für die Veröffentlichung der Ergebnisse
 
Interessensbekundungen bitte an wolfgang.stock@gmx.at!
 
 
Tagungen und Veranstaltungen
 
Einen Rückblick auf die Alpbacher Gesundheitsgespräche 2013 bietet folgender Film:
http://www.vielgesundheit.at/filme/gesundheitsevents/filmdetail/video/alpbacher-gesundheitsgespraeche-2013.html
 
Die Themen der Veranstaltung waren: Wie verlässlich ist Evidenz in der Medizin? Welche Rolle spielt die Kommunikation in der Medizin? Wie frei ist die Forschung? Was darf Gesundheit kosten?
 
Im Mai 2013 fand der Gmundner Medizinrechts-Kongress statt. Eine kleine Auswahl der Themen: Nebenbeschäftigung von Spitalsärzten, Behandlungsvertrag bei minderjährigen Patienten, Zukunft der Spitalsambulanzen, Ablehnung der Behandlung durch einen Kassenvertragsarzt. Eine Zusammenstellung aller diesjährigen Vorträge wird Anfang Oktober als Sonderheft der Zeitschrift Recht der Medizin (RdM) erscheinen.
Näheres: www.manz.at/rdm
 
Terminvorschau: Im nächsten Jahr wird der Gmundner Medizinrechtskongress vom 23. bis 24. Mai 2014 stattfinden.
 
Die Kooperationspartner publishfactory.at und vielgesundheit.at veranstalten am 17.10.2013 in Wien das 1. Österreichische Forum für Gesundheitsmarketing. Als Forumspräsidenten fungieren Dr. Heinz Brock, medizinischer Direktor des AKH Linz und Dr. Gerald Bachinger, Patientenanwalt der NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft.
Näheres: www.gesundinformiert.at
 
Gratuliere! Sie sind am Ende des Gesundheitsrecht-Newsletters angekommen. Da die letzte Ausgabe im Februar erschienen ist, gab es diesmal eine etwas längere Fassung als gewöhnlich.
 
Somit gilt weiterhin:
1)    Schön gesund bleiben und
2)    die rechtlichen Neuerungen im Auge haben!
 
Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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