Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 23, 03/2014

Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 23, 03/2014
 
# Broschüre „Gesundheitsberufe in Österreich“
# Authentische Interpretation des Tabakgesetzes
# OGH: Wespenstich als Arbeitsunfall
# Neue Literatur
# Persönliche Gesundheitsrechtsthemen
 
 
 
BROSCHÜRE „GESUNDHEITSBERUFE IN ÖSTERREICH“
 
Das Gesundheitsministerium hat eine übersichtliche Broschüre zu den gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen in Österreich zusammengestellt.
Sie kann auch so heruntergeladen werden:
http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/2/9/2/CH1002/CMS1286285894833/gesundheitsberufe_20140115_final.pdf
 
 
AUTHENTISCHE INTERPRETATION DES TABAKGESETZES
 
Die weit und breit lächerlichste Nichtraucherschutzgesetzgebung wie sie in Österreich besteht hat eine neue Dimension: der gesetzgeberische Pfusch musste wieder einmal „geflickt“ werden: mit einer authentischen Interpretation des Gesetzes durch den Nationalrat!
Das ist der Text dazu:
„Bundesgesetz zur authentischen Interpretation des § 13a Abs. 2 Tabakgesetzes 1995, BGBl. Nr. 431/1995, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2008
BGBl. I Nr. 12/2014 (NR: GP XXV IA 112/A AB 19 S. 9. BR: 9133 AB 9138 S. 826.)
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel I
§ 13a Abs. 2 TabakG 1995, BGBl. Nr. 431/1995, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2008, wird gemäß § 8 ABGB dahingehend authentisch ausgelegt, dass den Gästen auf dem Weg zum Hauptraum bzw. zu anderen rauchfreien Bereichen des Lokals wie sanitären Anlagen bzw. WC-Anlagen ein kurzes Durchqueren des Raucherraumes zumutbar ist.
Artikel II
Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung betraut.
Art. I ist im Sinne von § 8 ABGB von den Behörden und Gerichten in allen laufenden und künftigen Verfahren anzuwenden.“
 
So etwas gibt es nicht alle Tage! Zuletzt kam es zu authentischen Interpretationen bei einer Novelle zum Habsburgergesetz im Jahr 1963 und bei einer Novellierung des Pensionsgesetzes im Jahr 1974. Nun kann sich auch das Tabakgesetz in diese „edle Reihe“ stellen. Ich darf bei der Gelegenheit wieder einmal einen kleinen Novellierungsvorschlag in Erinnerung rufen: „In Gaststätten gilt Rauchverbot.“ (= ein Gesetz, bei dem wenig Interpretationsbedarf bestünde.)
 
Zum Thema Rauchen hier noch zwei Blicke über den Zaun nach Deutschland:


Wer jemandem absichtlich Zigarettenrauch ins Gesicht bläst, begeht nach einem Urteil des Amtsgerichts Erfurt Körperverletzung:

http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ag-erfurt-zigarttenrauch-disco-koerperverletzung-notwehr/



Wird in einem Hotel ein Wellnesswochenende gebucht und erhält man ein Raucherzimmer, so stellt dies einen Mangel dar. Der Betreffende kann in diesem Fall vom Vertrag zurücktreten. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Meldorf hervor_

http://www.kostenlose-urteile.de/topten.amtsgericht_meldorf.htm

 

 

OGH: WESPENSTICH ALS ARBEITSUNFALL

 

Der OGH (17.12.2013, 10 ObS 93/13v) entschied: Wird ein in der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem ASVG Versicherter während einer Tätigkeit im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses von einer Wespe gestochen und stirbt er infolge eines dadurch ausgelösten anaphylaktischen Schocks, so ist sein Tod Folge eines Arbeitsunfalls. Im Detail führte der OGH aus: „Unfälle im Sinn des § 175 Abs 1 ASVG sind zeitlich begrenzte Ereignisse - eine Einwirkung von außen, ein abweichendes Verhalten, eine außergewöhnliche Belastung -, die zu einer Körperschädigung führen (stRsp RIS-Justiz RS0084348). Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Wespenstich diesen Unfallbegriff erfüllt und der Versicherte einen Unfall erlitt. Für diesen ist es nicht konstitutiv, dass eine Betriebsgefahr (vgl RIS-Justiz RS0084130) oder ein besonderes, ungewöhnliches Geschehen vorliegt, denn auch ein zur gewöhnlichen beruflichen Tätigkeit gehörendes Ereignis kann ein Unfall sein, sofern es nur zeitlich begrenzt ist (10 ObS 131/90, SSV-NF 4/85 = SZ 63/98; RIS-Justiz RS0084089).

Hier der Volltext der Entscheidung:

https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20131217_OGH0002_010OBS00093_13V0000_000/JJT_20131217_OGH0002_010OBS00093_13V0000_000.html

 

Ganz anders lautete die Rechtsauffassung des OGH noch im Jahr 2006 (26.04.2006, 7 Ob 21/06y) - allerdings in einer Entscheidung zu einem Freizeitunfall. Der OGH dazu wörtlich: „Im vorliegenden Fall erlitt der Kläger einen Wespenstich und nur aufgrund seiner persönlichen Konstitution, nämlich Allergie gegen das von der Wespe injizierte Gift, in der Folge einen anaphylaktischen Schock, der zur körperlichen Schädigung führte. Die körperliche Schädigung entstand daher - im Sinn der AUVB - nicht durch eine mechanische Einwirkung, nämlich durch den unter Umständen kaum merkbaren Stich (vgl 7 Ob 20/94), und auch nicht durch das von außen in den Körper injizierte Wespengift, das an und für sich keine besondere schädigende Wirkung auf den Körper hat. Der Schockzustand trat ausschließlich durch die spezifische körperliche Konstitution (Allergie) des Klägers ein. Da also der Wespenstich in der vorliegenden Fallgestaltung weder als ein von außen auf den Kläger einwirkendes mechanisches noch chemisches Ereignis im Sinne des Art 6 AUVB 1998 aufzufassen ist, das zu einer körperlichen Schädigung führte, kann hier nicht von einem Unfall gesprochen werden.“

 

Mein persönlicher Kommentar dazu: Nicht gerade das, was man sich unter „Harmonie der Rechtsordnung“ vorstellt…

Zur Vertiefung noch ein Tipp aus der deutschen Literatur: Karl Friedrich Köhler, Unfallversicherungsschutz bei Insektenstichen - Ein Beitrag zur Dogmatik der "Unfälle des täglichen Lebens", in: Vierteljahresschrift für Sozialrecht - VSSR Heft 2/2012, Seite 183 ff.

 

 

NEUE LITERATUR  



ÖGERN (Hg.): Notfallmedizin: eine interdisziplinäre Herausforderung. 1. Tagungsband der Österreichischen Gesellschaft für Ethik und Recht in der Notfall- und Katastrophenmedizin (ÖGERN) des 1. Symposiums vom 14.11.2013 im Tagungszentrum Schönbrunn in Wien, Wien 2014, 113 Seiten; 32,80 EUR, ISBN: 978-3-7083-0966-8; Schriftenreihe Ethik und Recht in der Notfallmedizin; NWV Verlag. Der Themenbogen spannt sich von berufsrechtlichen Ausbildungs- und Kompetenzfragen über das Schockraummanagement und die Aufklärungspflicht im Notfall bis hin zu einsatztaktischen Rechtsfragen.

Bestellung: www.nwv.at



Clemens-Martin Auer/ Carina Milisits/ Sebastian Reimer: ELGA-Handbuch, Die Elektronische Gesundheitsakte, Wien 2014, 126 Seiten; 34,00 EUR; ISBN: 978-3-214-00734-8, Manz-Verlag. Beschrieben werden häufige Lebenssituationen wie der Unfall im Kindergarten, der Sturz eines betagten Menschen etc.: Wer kann/darf/muss im Fall der Fälle in ELGA Einsicht nehmen oder Einträge machen? Wer kann wie seine persönlichen Daten schützen?

Bestellung: www.manz.at

 



Einar Sladecek/ Leopold-Michael Marzi/ Thomas Schmiedbauer:Recht für Gesundheitsberufe. Mit allen wichtigen Berufsgesetzen, Wien 2014; 356 Seiten; 46,00 EUR; ISBN: 978-3-7007-5735-1;Verlag: LexisNexis ARD ORAC. Das Standardwerk ist nunmehr neu bearbeitet in der 7. Auflage erscheinen. Neu in der 7. Auflage sind die Neuregelung der Medizinischen Assistenzberufe durch das MABG, das neue Psychologengesetz sowie sämtliche neuen sozialversicherungsrechtlichen Werte und die Veränderungen im Arbeits- und Sozialversicherungrecht.



Bestellung: www.lexisnexis.at

 

PERSÖNLICHE GESUNDHEITSRECHTSTHEMEN

Im Jahr 2014 werden mich weiterhin Rechtsfragen der Kräuterpädagogik, der Psychotherapie, der Musiktherapie und der Trainingstherapie (siehe unter „Lehraufträge“ auf www.freizeitrecht.at) beschäftigen. Dazu kommen Expertisen zu Greencare (www.greencare.at) und zur alpinen Sicherheit. Immer wieder kommt es auch zu Überlappungen mit meinem zweiten Themengebiet, dem Freizeit- und Tourismusrecht. Dazu gebe ich einen eigenen Newsletter, den Freizeitrecht-Newsletter, heraus. Eine Bestellung ist auf www.freizeitrecht.at möglich. Wenn Sie Interesse an bestimmten Themen in diesen Bereichen haben, schreiben Sie mir einfach: wolfgang.stock@gmx.at

 

Mit lieben Grüßen

Wolfgang Stock

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