Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 27, 12/2015

Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 27, 12/2015

1. OGH: Beschränkungen für gesundheitsfördernde Bewegungsanleitung
2. Neuer Patientenratgeber
3. Möglichkeiten der betrieblichen Gesundheitsförderung erweitert
4. Gesundheitsthemen im Parlament
5. Podiumsdiskussion am 27. Jänner 2016 in Bad Gleichenberg zum Thema „Zukunft der Kur“
6. Februar 2016: Neues Buch zum Impfrecht

 
OGH: Beschränkung für gesundheitsfördernde Bewegungsanleitung

Für spezialgesetzlich nicht geregelte Gesundheitsberufe wie z.B. Gesundheits-, Fitness- und Wellnesstrainer sowie für gesundheitsnahe Gewerbeberufe wie z.B. Lebens- und Sozialberater gibt es bei der Anleitung zur gesundheitsfördernden Bewegung berufsrechtliche Schranken.

Ein jüngst dem OGH (11.08.2015, 4 Ob 93/15b) vorliegender Sachverhalt war folgender: Ein Inhaber von Gewerbeberechtigungen für das reglementierte Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung gemäß § 94 Z 46 GewO und für das freie Gewerbe einer Event-Agentur ging mit Klienten Schi-Langlaufen („Langlaufunterricht“). Dafür wurde er rechtskräftig wegen Übertretung des Tiroler Schischulgesetzes bestraft. Nun hat er in dieser Angelegenheit auch letztinstanzlich einen Wettbewerbsprozess verloren. 

Hier die Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20150811_OGH0002_0040OB00093_15B0000_000/JJT_20150811_OGH0002_0040OB00093_15B0000_000.html

Fazit: Für die sog. „Fertigkeitsvermittlung“ (z.B. Sportunterricht) gibt es keine Unterrichtsfreiheit. Sie ist oft (bei Sportunterricht landesrechtlich) durch Gesetz bestimmten Berufsgruppen vorbehalten. Andererseits ist es unstrittig, dass die persönlichen Dienstleistungen des Führens und Begleitens zu den „Angelegenheiten des Gewerbes“ gehören. Der Bundesgesetzgeber darf daher solche Tätigkeiten in der Gewerbeordnung regeln (z.B. Fremdenführer), soweit sie nicht in den Kompetenztatbestand des Berg- und Schiführerwesens fallen. Umgekehrt zur allgemeinen Kompetenzordnung handelt es sich hiebei bei der Bundeskompetenz um eine „Restgröße“. Vielleicht sollte der Bundesgesetzgeber eine ausdrückliche Regelung der Begleitung von Menschen bei Bewegungsaktivitäten aller Art vornehmen. Die notwendige Abgrenzung zwischen bloßer Begleitung und der Erteilung von Sportunterricht (als Landeskompetenz) müsste dabei natürlich beachtet werden. In bestimmten Bereichen wird auch das Judikat des VfGH (29.9.2011, B 1350/10) zum Thema „Begleiten beim Schilaufen“ zu beachten sein, wo es wörtlich heißt: „Die Unterwerfung des Führens und Begleitens unter den Schischulvorbehalt ist auch zur Erreichung des Zieles geeignet, wird damit doch sichergestellt, dass die Betreuer ein gewisses – für Schischulen vorausgesetztes – Ausbildungsniveau aufweisen, über Verantwortungsbewusstsein und Kenntnis des Schigebiets verfügen sowie für den Umgang mit Schigruppen geschult sind. Ein ebenso geeignetes, aber gelinderes Mittel zur Zielerreichung ist – wie auch beim Vorbehalt zugunsten der Schischulen für die Erteilung von Schiunterricht – nicht ersichtlich.“ 

Unabhängig davon, kommt den gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen (z.B. Ärzte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Trainingstherapeuten) ein eigenständiger Tätigkeitsbereich zu, der auch bei Überlappung mit anderen gesetzlich geregelten Berufen nicht verloren geht. 


Neuer Patientenratgeber

In der Manz-Reihe „Ratgeber“ ist von Maria Kletecka-Pulker. Katharina Leitner und Gerald Bachinger das Buch „Patient im Recht“ erschienen. Dieser Ratgeber beantwortet anhand von Fallbeispielen und mit praktischen Tipps alle Fragen rund um Rechte und Pflichten des Patienten. Eine kleine Auswahl der Themen: Der alltägliche Arztbesuch, größere medizinische Eingriffe, Impfungen, ELGA, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, Schönheitsoperationen. 
(ISBN: 978-3-214-13739-7, 250 Seiten, Manz-Verlag 2015). 

Bestellung:
http://www.manz.at/list.html?inline=1&back=cfb398c8725fd13031466c44627a1de4&isbn=978-3-214-13739-7&xid=6594001


Möglichkeiten der betrieblichen Gesundheitsförderung erweitert

Erweitert ist durch eine Novelle zum Einkommensteuergesetz seit August 2015 die Abgabenfreiheit der betrieblichen Gesundheitsförderung. Gemäß § 3 Abs 1 Z 13 EStG ist ein geldwerter Vorteil u.a. in folgenden Fällen von der Einkommensteuer befreit: bei der Benützung von Einrichtungen und Anlagen (beispielsweise Erholungs- und Kurheime, betriebsärztlicher Dienst) und Impfungen. Weiters bei Maßnahmen zielgerichteter, wirkungsorientierter Gesundheitsförderung (Salutogenese) und Prävention. Diese sind allerdings nur dann begünstigt, wenn sie vom Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst sind. (Das stellt insofern eine gesetzliche Einschränkung dar, weil das bestehende Angebot des Gesundheitswesens an Gesundheitsförderung und Prävention nicht komplett in den Sozialversicherungsleistungsangeboten abgedeckt ist.) Die Maßnahmen müssen in arbeitgebereigenen oder angemieteten Einrichtungen und Anlagen stattfinden.

 
Gesundheitsthemen im Parlament

Wie informiert man sich am besten zu Entwicklungen im österreichischen Gesundheitsrecht? Nun, Regierungsvorlagen und parlamentarische Gesetzesinitiativen zu Gesundheitsthemen werden im Gesundheitsausschuss des Parlaments behandelt. Für das erste Halbjahr 2016 sind Sitzungen am 13. April 2016 und 08. Juni 2016 vorgesehen. Die Tagesordnungen werden vorab veröffentlicht. Hier der Link dazu:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A-GE/A-GE_00001_00366/index.shtml#tab-Sitzungsueberblick

 
Podiumsdiskussion am 27. Jänner 2016 in Bad Gleichenberg zum Thema „Zukunft der Kur“

Im oststeirischen Kurort Bad Gleichenberg findet am Mittwoch, 27. Jänner 2016, um 19 Uhr, an der FH Joanneum eine Podiumsdiskussion zum Thema „Zukunft der Kur“ statt. Am Podium diskutieren Frau Dr. Eva Adamer-König, Leiterin des Studiengangs „Gesundheitsmanagement im Tourismus“; Andrea Legenstein, Obfrau des Tourismusverbandes Region Bad Gleichenberg; Prok. Mag. (FH) Verena Böheim, HG Hotel & Thermenmanagerin; Direktor Dr. Wolfgang Seidl, Leiter der SVA-Landesstelle Steiermark; Dr. Kai Illing, Gesundheitsexperte; Dr. Wolfgang Stock, Experte für Gesundheits- und Tourismusrecht. Moderation: Prof. (FH) MMag. Dr. Harald Friedl, Nachhaltigkeitsforscher.
Ort: FH Joanneum, Audimax, Kaiser-Franz-Josef Straße 24, 8344 Bad Gleichenberg
Kein Eintritt. Für Speis und Trank ist gesorgt.
Anreise:
https://www.google.at/maps/place/Fachhochschule+Joanneum/@46.875448,15.90241,15z/data=!4m2!3m1!1s0x476e350ee5b5f885:0xdcf52580ffd6a24e?hl=de

 
Februar 2016: Neues Buch zum Impfrecht

In der Schriftenreihe „Ethik und Recht in der Medizin“ (Band 11) des Verlags Österreich wird im Februar 2016 das Buch von Aigner/Grimm/Kletecka-Pulker/Wiedermann-Schmidt (Hrsg) zum Thema „Schutzimpfungen – Rechtliche, ethische und medizinische Aspekte“ erscheinen. Da es sich dabei um ein gesellschaftlich äußerst kontrovers diskutiertes Thema (Impfskepsis, Impfmüdigkeit,…) handelt, ist das Buch mit Spannung zu erwarten.
Die Beiträge in diesem Buch beleuchten das Thema umfassend aus den unterschiedlichsten Blickwickeln und Disziplinen. Die Geschichte des Impfens aus Sicht der öffentlichen Gesundheit wird dargestellt, sowie ein rechtshistorischer Überblick über die Schutzimpfungen gegeben. Ein Schwerpunkt liegt auf der Frage der rechtlichen Aufklärung und Haftung sowie der Impfung von vulnerablen Gruppen (insbesondere Kinder und Migranten). Es wird aber auch die Rolle der Angehörigen der Gesundheitsberufe eingehend betrachtet und die Frage erörtert, ob zB die kategorische Ablehnung von Impfungen durch einen Arzt eine Arzt eine Berufspflichtverletzung darstellt oder ob man Mitarbeiter im Gesundheitsbereich zu einer Impfung verpflichten kann. Nicht zuletzt werden die ethischen Aspekte erläutert und die psychologischen Gründe für eine mögliche Impfangst erörtert. 
Das Buch wird ca. 200 Seiten haben und ca. 39 Euro kosten. ISBN: 978-3-7046-6786-1
Aus dem Inhalt:
Impfen aus Sicht der öffentlichen Gesundheit; Schutzimpfungen – ein rechtshistorischer Rückblick; Impfen und Kinder; Berufspflichtverletzung durch kategorisch impfablehnenden Arzt; Grenzen der ärztlichen Aufklärungspflicht, insbesondere bei Schulimpfaktionen; Impfversorgung von MigrantInnen; Impfaufklärung bei MigrantInnen; Verpflichtende Impfung von MitarbeiterInnen im Gesundheitsbereich?; Impfangst – psychologische Aspekte; Impfen eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung? Ethische Aspekte.
 
Vorbestellungen hier:
http://www.verlagoesterreich.at/schutzimpfungen-rechtliche-ethische-und-medizinische-aspekte-aigner/grimm/kletecka-pulker/wiedermann-schmidt-978-3-7046-6786-1
 
Ich darf noch ein frohes Weihnachtsfest wünschen und freue mich auf ein buntes Gesundheitsrechtsjahr 2016!
Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

Kommentare