Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 29, 06/2016

Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 29, 06/2016

1) Katastrophenmedizinrecht: Symposium am Mittwoch, 9. November 2016
2) Rehabilitationsmaßnahmen: OGH zur Rechtsfolge bei verweigerter Mitwirkung
3) Neues Internetportal zur Kliniksuche
4) Pflegeausbildung neu: Reformentwurf im Ministerrat
5) Europäische Kommission: Lavendelblütenkissen ist kein Biozidprodukt


Katastrophenmedizinrecht: Symposium am Mittwoch, 9. November 2016

Am Mittwoch, 9.11.2016, ab 13.30 Uhr, wird am Flughafen Graz ein Symposium zum Generalthema „Großunfall – Katastrophe – besondere Gefahrenlage“ stattfinden. Als Einzelthemen behandelt werden u.a. die Befugnisse von Einsatzleitern, die Vorausplanung in Prä- und Innerklinik, medizinethische Aspekte der Triage, grenzüberschreitender Katastrophenschutz und der koordinierte Sanitätsdienst in der Schweiz.

Ich werde dort einen Vortrag zum Thema „Individual- vs. Organisationshaftung im Großunfall und Katastrophenwesen“ halten.

Kosten: € 60 für ÖGERN-Mitglieder; € 95 für Nichtmitglieder
Eine Anmeldung ist hier möglich:
http://www.oegern.at/info-und-anmeldung-zum-3-symposium/
Konkrete Fragen an: vorstand@oegern.at


Rehabilitationsmaßnahmen: OGH zur Rechtsfolge bei verweigerter Mitwirkung

Jüngst hat der OGH (10.5.2016, 10 ObS 4/16k) Folgendes entschieden: Verweigert der Bezieher von Rehabilitationsgeld ohne sachlichen Grund die Mitwirkung an einer ihm zumutbaren medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, ist ihm das Rehabilitationsgeld zu entziehen, nachdem er auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

Kurz zum Sachverhalt: Mit rechtskräftigen Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt wurde dem 1966 geborenen, stark übergewichtigen Kläger (Körpergewicht von über 200 kg bei einer Körpergröße von 181 cm) Rehabilitationsgeld gewährt und gleichzeitig ausgesprochen, dass er als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation zur Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit eine stationäre internistische Rehabilitationsmaßnahme zu absolvieren habe. Seit der Letztuntersuchung war es zu keiner Gewichtsabnahme gekommen. In der Folge weigerte sich der Kläger jedoch, den ihm vorgeschlagenen stationären internistischen Rehabilitationsaufenthalt zur Gewichtsabnahme in der Dauer von 6 Wochen anzutreten. Die beklagte Partei entzog dem Kläger daraufhin das Rehabilitationsgeld mit Ablauf des auf die Zustellung des Bescheids folgenden Kalendermonats.

Der Oberste Gerichtshof kam zum Ergebnis, dass dem Kläger eine zumindest leicht fahrlässige Verletzung der Mitwirkungspflicht an der ihm zumutbaren Rehabilitationsmaßnahme zur Last zu legen sei, die eine Entziehung des Rehabilitationsgeldes rechtfertige. Der Umstand, dass der Kläger das Ziel einer Gewichtsreduktion aus eigenem Antrieb ohne Rehabilitationsmaßnahme während des Verfahrens teilweise erreicht habe, ändere daran nichts, da die konkrete Rehabilitationsmaßnahme nur ein erster Schritt gewesen wäre, auf den eine Reihe weiterer Maßnahmen begleitet durch medizinische und diätetische Betreuung aufgebaut hätte.

Fazit: Bei der konkreten Auswahl der den Versicherten zumutbaren medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen kommt letztlich dem Versicherungsträger die Entscheidungsbefugnis zu.

Hier die Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20160510_OGH0002_010OBS00004_16K0000_000/JJT_20160510_OGH0002_010OBS00004_16K0000_000.html


Neues Internetportal zur Kliniksuche

Seit April 2016 gibt es ein neues Internetportal des Bundesministeriums für Gesundheit zur Kliniksuche. Dabei geht es um die Veröffentlichung von Qualitätsdaten, um die Bevölkerung in Vorbereitung auf einen Krankenhausaufenthalt über eine neutrale Plattform bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Datengrundlage sind die Krankenhausroutinedaten (LKF) und die Daten der Plattform Qualitätsberichterstattung, die in regelmäßigen Abständen von allen Krankenhäusern mit Informationen befüllt wird.

Einfach einmal reinschauen:
http://www.kliniksuche.at/


Pflegeausbildung neu: Reformentwurf im Ministerrat

Am 14. Juni 2016 hat der Reform-Entwurf des Gesundheitsministeriums für die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege den Ministerrat passiert, sodass mit einer baldigen Gesetzwerdung zu rechnen ist.

Die Ausbildung im gehobenen Dienst (diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege) wird bis 2024 komplett in den tertiären Ausbildungssektor (Fachhochschulen) überführt. Auch das Berufsbild wird aktualisiert. Tätigkeitsbereiche, die in der Praxis zu Anwendungsproblemen geführt haben, werden durch neu gestaltete Kompetenzbereiche ersetzt. Die Abgrenzung der pflegerischen von den ärztlichen Kompetenzen wird genauer festlegt.
Neu eingeführt wird die 2-jährige Ausbildung zur Pflegefachassistenz, die den gehobenen Dienst entlasten soll. Der gehobene Dienst kann Aufgaben an die Pflegefachassistenz übertragen, die Pflegefachassistenz wiederum – bei genau festgelegten und erlernten Tätigkeiten – ohne Aufsicht tätig werden. Durch den Zugang zu Berufsreifeprüfung nach der Ausbildung zur Pflegefachassistenz ist die Durchlässigkeit der Ausbildung zum FH-Studium gegeben.

Die bisherige Pflegehilfe wird zur Pflegeassistenz aufgewertet und soll künftig von hauswirtschaftlichen, logistischen und administrativen Tätigkeiten befreit werden. Die Ausbildungen in den Pflegeassistenzberufen können mit 1. September 2016 an den Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege beginnen.


Europäische Kommission: Lavendelblütenkissen ist kein Biozidprodukt

Biozidprodukte unterliegen der Biozid-Verordnung (EU) Nr. 528/2012. Dabei geht es um Stoffe, die dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen. Für solche Stoffe existieren strenge Vorschriften.

Auf Ansuchen Deutschlands hat nun die Europäische Kommission am 29. April 2016 einen Beschluss zur Qualifikation eines mit getrockneten Lavendelblüten gefüllten Kissens gefasst: Es handelt sich dabei um kein Biozidprodukt!

Hier der Volltext des Beschlusses aus dem Amtsblatt der Europäischen Union:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32016D0678&qid=1467037547279&from=de

Die Hersteller von Lavendelblütenkissen sind damit von etlichen bürokratischen Belastungen (Zulassungsantrag bzw. Meldepflicht, Gefahrenkennzeichnung, Anlage von Sicherheitsdatenblättern usw.) befreit. Mein Fazit: Ein richtiger Schritt in eine weniger bürokratische EU!


Alles in allem wird das Gesundheitsrecht aber natürlich weiterhin ein stark reglementierter Lebensbereich bleiben. Trotzdem gilt: nicht verzagen, Sommer wagen!

Alles Gute und liebe Grüße
Wolfgang Stock

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