Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 30, 01/2017

Gesundheitsrecht-Newsletter Nr. 30, 01/2017

1. Gesundheitsberuferegister-Gesetz seit 1.1.2017 in Kraft
2. Broschüre zu Gesundheitsberufen in der Fassung 2017 erschienen
3. OGH zum Begriff der „Reha-Klinik“
4. Nichtraucherschutzrecht: OGH zum Rauchen auf dem Balkon
5. Aktueller Tagungsband zum Katastrophenmedizinrecht erschienen
6. VfGH: Rotkreuzgesetz verfassungskonform

Gesundheitsberuferegister-Gesetz seit 1.1.2017 in Kraft

Ein von Nationalrat und Bundesrat bereits im Jahr 2013 beschlossener Entwurf zur Einführung einer allgemeinen Registrierungspflicht für Gesundheitsberufe wurde aufgrund von Einsprüchen zweier Bundesländer (NÖ, Sbg) bislang nicht kundgemacht. (Die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere als die im Art 102 Abs 2 B-VG bezeichneten Angelegenheiten kann gemäß Art 102 Abs 4 B-VG nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen.) Nun wurde das Gesetzesvorhaben erneut in Angriff genommen und ist nun mit 1.1.2017 in Kraft getreten. Ziel des neuen Gesetzes ist es, eine Registrierung der Berufsberechtigungen sowie der absolvierten Fortbildungen und die Ausstellung von Berufsausweisen sicherzustellen.
Gelten soll es für nichtärztliche Gesundheitsberufe, die über keine Standesvertretung verfügen. Nach den Erläuterungen umfasst das GBRG im ersten Schritt die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe als auch die Angehörigen des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes (Physiotherapeuten, Biomed. Analytiker, Radiologietechnologen, Ergotherapeuten, Logopäden, Diätologen, Orthoptisten). Die Erläuterungen stellen klar, dass eine Ausweitung des Registers auf andere Gesundheitsberufe einer späteren Entscheidung vorbehalten bleibt.

Das neue Gesundheitsberuferegister-Gesetz (GBRG) ist mit BGBL I 2016/87 im Bundesgesetzblatt kundgemacht worden. Damit ist der Weg frei für die Einrichtung des Berufsregisters für die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und die gehobenen medizinisch-technischen Dienste mit Anfang 2017. Die Umsetzung des Registers erfolgt im Auftrag des Gesundheitsministeriums durch die Bundesarbeiterkammer für die angestellten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen. Die Gesundheit Österreich GmbH listet die selbständig Tätigen. (Dadurch erlangen die Arbeiterkammer und die Gesundheit Österreich GmbH in dieser Hinsicht eine Funktion als Behörden.) Der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) übernimmt Aufgaben der Qualitätssicherung. Ab 1.1.2018 werden alle Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und der gehobenen medizinisch-technischen Dienste im Register erfasst.

Hier geht es zur Inhaltsübersicht des GBRG:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Bundesnormen/NOR40186873/NOR40186873.html

Und hier findet sich das ganze Bundesgesetz:
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20009644


Broschüre zu Gesundheitsberufen in der Fassung 2017 erschienen

Die Broschüre „Gesundheitsberufe“ wird vom Gesundheitsministerium herausgegeben und bietet einen aktuellen Überblick über die in Österreich gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe. In der Neuauflage 2017 sind die GuKG-Novelle 2016 und Änderungen durch das Gesundheitsberuferegister-Gesetz sowie der Beruf des Medizinphysikers abgebildet.
Interessant ist auch die neue Einstufung der tierärztlichen Berufe als Gesundheitsberufe: Nach Definition der WHO umfasst der Begriff "Public Health" auch "Veterinary Public Health" und somit sämtliche Aktivitäten, Anstrengungen und Kenntnisse der Veterinärmedizin, die zur Sicherung, Förderung und Wiederherstellung der Gesundheit des Menschen dienen. Daher ist auch der tierärztliche Beruf als Gesundheitsberuf eingestuft.

Hier gibt es die 174 Seiten zum Download:
http://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/2/9/2/CH1002/CMS1286285894833/gesundheitsberufe.pdf


OGH zum Begriff der „Reha-Klinik“

In einem versicherungsrechtlichen Deckungsprozess (Versicherungsausschluss für „Anstalten, die vornehmlich auf Rehabilitation ausgerichtet sind“) sah sich der OGH (28.09.2016, 7 Ob 158/16k) – nachdem die Vorinstanzen befunden hatten, es sei nicht klar, ob es sich bei der gegenständlichen Klinik um eine Rehabilitationsklinik handle – zu folgenden Klarstellungen veranlasst:
„Unter Rehabilitation versteht man allgemein in der Medizin die Wiederherstellung der physischen und/oder psychischen Fähigkeiten eines Patienten im Anschluss an eine Erkrankung, ein Trauma oder eine Operation. Als Sekundärziel soll eine Wiedereingliederung in das Sozial- und/oder Arbeitsleben erreicht werden. Nach den Feststellungen ist die Klinik kein Akutkrankenhaus. Patienten werden nur in einem Zustandsbild aufgenommen, in dem sie üblicherweise aus psychiatrischen Krankenhäusern entlassen werden, nämlich psychopathologisch stabil und medikamentös gut eingestellt. Die Ausrüstung der Klinik zur Abklärung somatischer Erkrankungen entspricht nicht den diagnostischen Möglichkeiten eines psychiatrischen Krankenhauses. Ärztliche Behandlungen einer psychiatrischen Erkrankung stehen auch nicht im Vordergrund, akute psychische Störungen oder andere schwerwiegende gesundheitliche Beschwerden werden an das Landeskrankenhaus zur Behandlung überwiesen. Behandlungsziel ist eine Verbesserung der Lebensqualität, der Schmerztoleranz, der Selbstwahrnehmung und der sozialen Kompetenz. Das heißt, keiner der Therapiezwecke richtet sich unmittelbar gegen die Grunderkrankung eines Patienten, der im Regelfall bei der Aufnahme schon medikamentös eingestellt ist. Es erfolgen vielmehr Nachbehandlungen an Patienten, die im stabilen Zustand aufgenommen werden, wobei die Therapie dem Patienten ein zufriedenes Alltagsleben ermöglichen soll. Nach diesen konkret getroffenen Tatsachenfeststellungen ist die Klinik daher vornehmlich auf eine Rehabilitation ausgerichtet.“

Hier die Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20160928_OGH0002_0070OB00158_16K0000_000/JJT_20160928_OGH0002_0070OB00158_16K0000_000.html


Nichtraucherschutzrecht: OGH zum Rauchen auf dem Balkon

In seiner neuesten Entscheidung zu § 354a ABGB hatte sich der OGH (16.11.2016, 2 Ob 1/16k) mit Rauchimmissionen vom Nachbarbalkon zu befassen. Dabei stellte er folgenden Rechtssatz auf: „Der auf die Terrasse und Wohnung des Klägers (ein-)dringende Zigarrengeruch kann unter Umständen eine wesentliche Beeinträchtigung des Gebrauchs dieser Wohnung bewirken.“ Es handelte sich um einen deutlich und (pro Zigarre) mitunter mehrere Stunden lang (regelmäßig bis nach Mitternacht) wahrnehmbaren Rauchgeruch. Die vom OGH verlangte Gebrauchsregelung nach Zeitabschnitten, die sich am „verständigen Durchschnittsmenschen“ orientiert, kommt dem Gedanken des Nichtraucherschutzes aber leider nur zum Teil entgegen.
Konkret entschied der OGH: Rauch- und Geruchsimmissionen auf die Wohnung der klagenden Partei, die durch das Rauchen von Zigarren bei offenem Fenster, auf der Terrasse oder bei Lüftung ins Freie entstehen, sind in folgenden Zeiträumen zu unterlassen:
(a) vom 1. Mai bis 31. Oktober jeden Jahres von 22:00 bis 6:00 Uhr, 8:00 bis 10:00 Uhr, 12:00 bis 15:00 Uhr und 18:00 bis 20:00 Uhr sowie
(b) vom 1. November bis 30. April jeden Jahres von 8:00 bis 9:00 Uhr, 13:00 bis 14:00 Uhr und 19:00 bis 20:00 Uhr.

Hier die ausführliche Entscheidung im Volltext:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20161116_OGH0002_0020OB00001_16K0000_000/JJT_20161116_OGH0002_0020OB00001_16K0000_000.html


Aktueller Tagungsband zum Katastrophenmedizinrecht erschienen

Der 4. Tagungsband der Österreichischen Gesellschaft für Ethik und Recht in der Notfall- und Katastrophenmedizin (ÖGERN) zum Symposium vom 9.11.2016 am Flughafen Graz mit dem Thema „Großunfall – Katastrophe – besondere Gefahrenlage“ ist soeben im Neuen Wissenschaftlichen Verlag in der Schriftenreihe „Ethik und Recht in der Notfallmedizin“ erschienen. Die Tagungspublikation fasst die Referate des 4. ÖGERN-Symposiums zu „Großunfall - Katastrophe - besondere Gefahrenlage" zusammen und bietet einen Überblick über rechtliche, ethische und einsatztaktische Aspekte. Ich habe darin einen Beitrag zum Thema „Individual- vs. Organisationshaftung im Großunfall- und Katastrophenwesen“ verfasst.

Die Daten zum Buch: Neuer Wissenschaftlicher Verlag, ISBN: 978-3-7083-1144-9; 131 Seiten, broschiert; € 32,80.

Bestellmöglichkeit hier:
http://www.nwv.at/recht/verwaltungsrecht/1253_grossunfall_katastrophe_besondere_gefahrenlage/


VfGH: Rotkreuzgesetz verfassungskonform

Damit das Zeichen des Roten Kreuzes Helfer in Krisensituationen schützen kann, darf es internationalen Abkommen gemäß nur von der gleichnamigen Hilfsorganisation geführt werden. In Österreich wird dieser Schutz durch das Rotkreuzgesetz garantiert – und diese Bestimmung verletze keine verfassungsmäßigen Rechte, wie der Verfassungsgerichtshof anlässlich von Beschwerden einer anderen Rettungsorganisation sowie einer Tierklinik festgestellt hat (VfGH 01.12.2016, E 1110/2015, E 2288/2015).
Der Schutz des Roten Kreuzes betrifft auch Nachahmungen. Die Tierklinik hatte eine Pfote ins Rote Kreuz eingefügt, um Erste-Hilfe-Kurse für Besitzer von Vierbeinern zu bewerben. Die Hilfsorganisation hatte einen Hundekopf auf ein mit roten Linien begrenztes weißes Kreuz gesetzt. Beide Organisationen mussten Verwaltungsstrafen gemäß dem Rotkreuzgesetz bezahlen. Beide riefen den Verfassungsgerichtshof an, weil sie die Erwerbsfreiheit und ihr Recht auf Eigentum verletzt sahen.
Der Verfassungsgerichtshof wies die Beschwerden ab. Der Schutz des Logos diene der "Unterscheidbarkeit des Roten Kreuzes", damit dieses seine völkerrechtlichen Aufgaben erfüllen könne. Die Beschränkungen bei der Verwendung dieses Zeichens für andere Retter und Ersthelfer seien daher "nicht unverhältnismäßig". Betroffene Organisationen hätten "vielfältige andere Möglichkeiten", ihre Tätigkeit nach außen hin zu charakterisieren.

Hier das Rotkreuzgesetz in der geltenden Fassung:
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20005667

Und hier die VfGH-Entscheidung im Volltext:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Vfgh/JFT_20161201_15E01110_00/JFT_20161201_15E01110_00.html


Mit lieben Grüßen
Wolfgang Stock

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